An einem der ers­ten küh­len Herbst­ta­ge mach­ten sich 36 Mit­glie­der der Senio­ren-Uni­on aus dem Kreis Ahr­wei­ler auf den Weg nach Bonn. Ziel waren die Orte, die mit den ers­ten 40 Jah­ren der Bon­ner Repu­blik hin zu einer sta­bi­len Demo­kra­tie eng ver­knüpft sind: Das Bun­des­kanz­ler­amt, das Bun­des­haus und das Bun­des­rats­ge­bäu­de in Bonn.

Nach der obli­ga­to­ri­schen Sicher­heits­über­prü­fung ging es zum Bun­des­kanz­ler­amt, das seit dem Umzug nach Ber­lin 1999 vom Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Wirt­schaft­li­che Zusam­men­ar­beit und Ent­wick­lung genutzt wird. Im ehe­ma­li­gen NATO-Saal, in dem die Gip­fel­tref­fen der Staats- und Regie­rungs­chefs der NATO statt­fan­den, gab es zur Ein­füh­rung einen Vor­trag zum aktu­el­len The­ma “Ursa­chen für Flücht­lings­be­we­gun­gen” und “Hin­ter­grün­de und Ziel­vor­stel­lun­gen deut­scher Ent­wick­lungs­po­li­tik”, bevor man unter fach­kun­di­ger Beglei­tung “Geschich­te erle­ben” konnte.

Von 1976 bis 1999 war die­ses Gebäu­de der Amts­sitz der Bun­des­kanz­ler Hel­mut Schmidt, Hel­mut Kohl und Ger­hard Schrö­der, nach­dem das Palais Schaum­burg, die spät­klas­si­zis­ti­sche wei­ße Vil­la, zu klein gewor­den war. Ab jetzt resi­dier­ten die Kanz­ler in einem schmuck- und schnör­kel­lo­sen Flach­bau, dunk­ler Beton, dunk­les Holz, jedoch trans­pa­rent mit gro­ßen Fens­tern, als bewuss­te Absa­ge an die Monu­men­ta­li­tät der natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Archi­tek­tur. Hel­mut Schmidt, den das Gebäu­de bekannt­lich an eine “rhei­ni­sche Spar­kas­se” erin­ner­te, fand Wege, die­sen Ein­druck zu ver­än­dern, mit Bil­dern von Malern, die der Natio­nal­so­zia­lis­mus ver­ach­tet hat­te, wie z.B Erich Heckel oder August Macke, und der Bron­ze­skulp­tur “Lar­ge Two Forms” des bri­ti­schen Bild­hau­ers Hen­ry Moo­re als Sym­bol für Leben und mensch­li­che Verbundenheit.

Aber auch die Spar­sam­keit der Nach­kriegs­jah­re spiel­te eine Rol­le bei der etwas kar­gen Kon­zep­ti­on der Gebäu­de, wie man z.B. an dem nach heu­ti­gen Maß­stä­ben mit 85 qm win­zi­gen Kanz­ler­bun­ga­low sieht. Für eine Sau­na hat­te man jedoch noch Platz gefun­den, so dass dort spä­ter die berühm­ten Sau­na­ge­sprä­che zwi­schen Hel­mut Kohl und Boris Jel­zin im Rah­men der Deut­schen Wie­der­ver­ei­ni­gung statt­fin­den konnten.

Von dort aus ging es bei hef­ti­gen Wind­bö­en wei­ter zum Bun­des­haus nah am Rhein­ufer, in dem sich der Deut­sche Bun­des­tag am 7. Sep­tem­ber 1949 kon­sti­tu­ier­te, dem zen­tra­len Ort der par­la­men­ta­risch-demo­kra­ti­schen Wil­lens­bil­dung. Der Bau­stil auch hier bewusst wie­der nüch­tern und sach­lich, mit gera­den Kan­ten und wei­ßen Flä­chen. Hier fan­den die gro­ßen Debat­ten statt – wie jene zur Wie­der­be­waff­nung 1952, zur Ver­jäh­rung von NS-Ver­bre­chen 1965 oder 1972 zur Ent­span­nungs­po­li­tik Wil­ly Brandts. Hin­ter dem Red­ner­pult der mit Absicht etwas pum­me­li­ge Bun­des­ad­ler, im Volks­mund die “Fet­te Hen­ne”. Die Büros der Abge­ord­ne­ten waren zwar hell, aber viel zu eng, und vor allem viel zu weni­ge — auch eine Fol­ge davon, dass Bonn eigent­lich als Pro­vi­so­ri­um gedacht war.

Drit­te Sta­ti­on war das Bun­des­rats­ge­bäu­de. Die ehe­ma­li­ge “Päd­ago­gi­sche Aka­de­mie”, auch dies ein Gebäu­de mit gerad­li­ni­ger wei­ßer Bau­haus-Archi­tek­tur, war seit 1948 der Tagungs­ort des Par­la­men­ta­ri­schen Rates, der Ver­tre­tung der 11 west­li­chen Bun­des­län­der. Hier begann am 23. Mai 1949 die Geschich­te der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land als demo­kra­ti­scher und föde­ra­ler Rechts­staat. Der Prä­si­dent des Rats, Kon­rad Ade­nau­er, sei­ne bei­den Stell­ver­tre­ter, die Abge­ord­ne­ten des Par­la­men­ta­ri­schen Rates, die Minis­ter­prä­si­den­ten der Län­der und die Land­tags­prä­si­den­ten unter­zeich­ne­ten das “Grund­ge­setz”, ein “Mei­len­stein an Deutsch­lands gewun­de­nem Weg zur Demo­kra­tie”, wie damals das Time Maga­zi­ne schrieb. Einer Zeit­rei­se in die Ver­gan­gen­heit gleich war für die Besu­cher­grup­pe der Sit­zungs­saal mit sei­nen ori­gi­nal Tischen, die mit den Namen der Bun­des­län­der gekenn­zeich­net waren, und den ver­schlis­se­nen Leder­ses­seln. Die letz­te Sit­zung des Bun­des­rats in Bonn fand schließ­lich am 14. Juli 2000 statt.

Vor allem ein Fazit zogen die Besu­cher nach sie­ben Stun­den voll mit inter­es­san­ten Vor­trä­gen und Dis­kus­sio­nen, nur kurz unter­bro­chen mit einem Mit­tag­essen in der her­vor­ra­gen­den Kan­ti­ne des BMZ: Wir kön­nen auf dem Weg der Demo­kra­tie nur dann erfolg­reich wei­ter­ge­hen, wenn die der­zei­ti­gen Pro­ble­me in unse­rem Land offen benannt und die unter­schied­li­chen Lösungs­we­ge in gegen­sei­ti­gem Respekt eben­so offen und ohne Ideo­lo­gien dis­ku­tiert und schließ­lich auch umge­setzt werden.